Die Milchindustrie sieht die Zensur von pflanzlichen Alternativen als den einzigen Weg, die Oberhand am Markt zu behalten.
Eine Zensur des Agrarlobbyismus
EU-Agrar-Lobbyisten haben mal wieder eine ganz tolle Idee: pflanzliche Milchalternativen auf dem Markt zu zensieren!
Der Begriff „Pflanzenmilch“ ist ja bereits verboten. Im Änderungsantrag 171 wird nun gefordert, die Begrifflichkeiten pflanzlicher Milchalternativen weiter stark zu beschränken und somit zu zensieren. Diesem Antrag stimmte das EU Parlament bereits im Herbst 2020 zu. Jetzt soll er vom EU-Ministerrat beschlossen werden.
All das, weil die „European Dairy Association“ der Meinung ist, dass wir Verbraucher sehr dumm sind und uns von solchen Informationen fälschlicherweise in die irre führen ließen und so „versehentlich“ zur pflanzlichen Alternative greifen könnten, anstatt zur tierischen Muttermilch!
Durch den Änderungsantrag 171 wird nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der Hersteller pflanzenbasierter Alternativen massiv bedroht, sondern widerspricht dieser jeglichen Zielen bezüglich Gesundheit und Nachhaltigkeit bzw. Umweltschutz.
Herstellern könnte es verboten werden Beschreibungen wie „Alternative zu [beliebiges Milchprodukt einfügen]“ oder „enthält keine Milch“ auf den Verpackungen alternativer Produkte zu verwenden. Darüber hinaus könnte dies dann ebenso für Werbeanzeigen oder Beiträge auf sozialen Medien gelten.
Diese Änderung würde Innovationen in dem pflanzlichen Sektor deutlich erschweren. Es ist ohnehin schon schwer genug, sich als kleines alternatives Startup in diesem Bereich zu behaupten.
Diese Zensur würde auch uns Verbraucher negativ betreffen.
Ich bin Laktoseintolerant und verzichte unter anderem aus diesem Grund komplett auf Milchprodukte, bzw. generell auf tierische Produkte. Ich persönlich empfinde diese Änderung zudem als eine Form der Diskriminierung gegenüber jener Personen, die besonders aus gesundheitlichen Gründen zu pflanzlichen Alternativen greifen!
Wieso soll ich etwas zu mir nehmen, das mein Körper mehr als offensichtlich nicht verträgt? Klar, es gibt Möglichkeiten tierische Muttermilch auch bei einer Laktoseintoleranz verträglich zu machen. Doch warum sollte ich das tun, wenn es (inzwischen) so viele pflanzliche Alternativen auf dem Markt gibt?
Gerade den Menschen, die sich in einer ähnlichen Situation wie ich befinden und lieber zur pflanzlichen alternative greifen wollen, wird besonders der Einstieg dadurch zur Tortur gemacht. Wenn nicht ersichtlich ist, wofür und wie dieses oder jenes Produkt verwendet werden kann, wird es immer schwieriger überhaupt Alternativen erkennen zu können. Besonders die Unterbindung des Hinweises „enthält keine Milch“ empfinde ich als äußerst schädlich. (Dazu werde ich nochmal einen separaten Beitrag verfassen und dann auch hier verlinken)
Anderes Beispiel: Ich besuche einen Freund, eine Freundin. Sie möchten gerne für mich kochen. Sie ernähren sich selbst aber nicht rein pflanzlich. Daher haben sie wenig Erfahrung in Sachen pflanzlicher Alternativprodukte. Diese Personen werden dann beim Einkauf eine unglaubliche Suche auf sich nehmen müssen, um die entsprechenden Produkte zu finden. Sie werden durch nicht-aussagekräftige Ausdrücke wie „Frischegenuss“ (ohne den Hinweis, dass es sich dabei um eine Alternative zu herkömmlichem Quark handelt) in die Irre geführt. Doch eben dies soll mit dem Änderungsantrag 171 verhindert werden – macht Sinn! Was soll man als Verbraucher mit einer solchen Information anfangen?!
Tradition – das Zauberwort schlechthin
All das findet, schön verpackt, unter dem Vorwand der „Wahrung von Tradition“ statt. Guess what? Tradition bedeutet nicht automatisch, dass es auch (moralisch) gut ist. Damit soll also das traditionsverbundene Handwerk, das in teilen der EU stark in der Kultur verwurzelt ist, schützen. Beispielsweise die Herstellung von Muttermilch-Käse – die in der Massenproduktion auch nicht mehr viel mit Tradition zu tun hat – soll somit gewahrt werden.
Wie wäre es denn, wenn man diese Tradition ein wenig an unsere heutige Zeit anpasst? Kulturen verändern sich mit den Generationen, ja sogar Traditionen verändern sich über die Zeit. Wie wäre es also, wenn man das traditionelle Handwerk mit alternativen Innovationen verbindet (wie es schon teilweise im Bereich der Fleischalternativen stattfindet) und dann auch fördert? Wäre das nicht allgemein effektiver?
Wie wäre es, wenn die EU statt einer Zensur, eine Förderung ins Leben ruft, die es den Landwirten ermöglicht von einer tierischen Produktion auf eine pflanzliche umzusteigen?
Wie wäre es, wenn wir einfach mal den Mut in die Hand nehmen und auf die Veränderung zugehen? Anstatt uns weiter unter der guten alten, inzwischen stark löchrigen, Decke zu verstecken. Wie wäre das?
Ich halte das ganze für einen lächerlichen Versuch einen gesamten Wirtschaftssektor zu zensieren und dessen Chancen am Markt zu drücken. Und das, aus einem einzigen Grund: die Nachfrage nach pflanzlichen Alternativen steigt und stellt damit eine Gefahr für die Wirtschaftlichkeit der Tierindustrie dar!
Mehr Infos und die Petition gegen diesen Schwachsinn findet ihr bei @provegde und auf proveg.com
Der Link zur Petition:
https://stopam171.com/de/
Quellen:
presseportal.de
proveg.com
Bildquelle: proveg Social Media Kit
https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/A-8-2019-0198_DE.pdf (Ab Seite 200)
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